Mit Leib und SeeleFreitag, 29. Dezember 2017

Die Kollegen bilden ein eingeschworenes Team. Foto Metz

SENDENHORST Wachübergabe und Fahrzeugcheck liegen bereits hinter der Besatzung der Rettungswache in Sendenhorst. Wenn nicht wieder etwas dazwischen kommt, wie beim ersten und zweiten Versuch, können sich die Mitarbeiter an diesem Vormittag etwas Zeit nehmen für einen Pressetermin und über ihre Leidenschaft, ihren Beruf als Notfallsanitäter, Rettungsassistent und Notarzt sprechen.

Es gibt auch noch den Rettungssanitäter. Doch einen solchen haben die fünf Männer an diesem Morgen nicht in ihrer Runde. Wer jetzt glaubt, Notfallsanitäter, Rettungsassistent und Rettungssanitäter: das ist doch alles das Gleiche, der liegt falsch, erklären die Männer. Heinz Linnemann und Robert Pottgüter sind Notfallsanitäter. Damit haben die beiden die momentan weitreichendste Ausbildung und auch Kompetenz im Rettungswagen.

Auch die „Nachwuchskräfte“ Benedikt Woeste und Markus Möhlenbrock sind diesen Weg gegangen. Sie haben eine zweieinhalbjährige Ausbildung absolviert, zu der auch ein Anerkennungsjahr gehört. Es wurde Theorie gebüffelt, in Krankenhäusern hospitiert, erneut gelernt und dann das Examen als staatlich geprüfter Rettungsassistent abgelegt.  Rettungssanitäter können hingegen als Fahrer und Beifahrer haupt- und ehrenamtlich im Krankentransportwagen eingesetzt werden.

Beifahrer ist "Chef"

Mindestens zwei Besatzungsmitglieder gibt es in jedem Rettungsfahrzeug. Dabei sei der Beifahrer der „Chef“ im Wagen, erklärt Benedikt Woeste. Sowohl was die medizinischen Maßnahmen angeht als auch einsatztaktische Überlegungen und Entscheidungen wie die Organisation, Einsatzmittel, Rettungswege, Eigensicherung und die Suche nach der Zielklinik, in die die zu versorgende Person gebracht wird, sind Sache des „Beifahrers“.

„Ein Einsatz endet eigentlich immer im Krankenhaus“, erklärt Christian Kaiser, der an diesem Morgen als Notarzt Dienst hat. „Vor Ort wird in der Akutsituation geholfen. Aber Ziel ist immer, den Patienten zur Behandlung in ein Krankenhaus zu bringen“, erklärt Kaiser, der normalerweise als Anästhesist in der Raphaels-Klinik in Münster arbeitet. „Selbst dann, wenn wir gerufen werden, weil sich jemand in den Finger geschnitten hat“, unterstreicht Heinz Linnemann. Kein Scherz – auch das sei schon vorgekommen.

Seit 1989 ist Heinz Linnemann beim Kreis Warendorf als Rettungsassistent angestellt. Doch das Rettungswesen werde seither immer mehr professionalisiert. So sei auch der Rettungsassistent eigentlich ein „Auslaufmodell“, erklärt er. Daher habe er sich gemeinsam mit Robert Pottgüter zum Notfallsanitäter weitergebildet. Diese Ausbildung ist noch im Aufbau, erklärt Linnemann. Während die beiden sich als erfahrene „Altgediente“ in Lehrgängen auf ihre Prüfungen vorbereiten konnten, werden Nachwuchskräfte künftig über drei Jahre ausgebildet. „Der Kreis hat seit dem 1. September die ersten beiden Auszubildenden in diesem Bereich eingestellt“, erklärt Heinz Linnemann.

Zugänge legen

Der Notfallsanitäter ist also höher qualifiziert und hat mehr medizinische Kompetenzen, erklären Linnemann und Notarzt Christian Kaiser. Er darf nach der Freigabe durch den ärztlichen Leiter Medikamente geben oder Zugänge legen. Die Teams werden nahezu zu jeder 24-Stunden-Schicht neu zusammengewürfelt. Aber alle können sehr gut miteinander. „Rettungsdienst ist Teamarbeit, auch mit anderen Einsatzkräften wie Feuerwehr, THW oder Polizei“, erklärt Heinz Linnemann, und Robert Pottgüter ergänzt: „Man muss sich blind verstehen und auf einander verlassen können.“

Wie eng die Einsätze von Rettungsteam und Feuerwehr oft miteinander verzahnt sind und die Erfahrung in beiden Bereichen sehr hilfreich ist, weiß inzwischen auch Notarzt Christian Kaiser: „Heinz hat den Helm oft schon in der Hand, ehe ich mir vorstellen kann, was vor Ort auf uns wartet.“ 24 Stunden am Stück verbringen die Crews miteinander in einer Schicht. Doch es werden keineswegs die Beine hochgelegt, wenn es gerade keinen Einsatz gibt. Nach der Wachübergabe am Morgen folgt der Fahrzeugcheck. Ein bis zwei Stunden muss am Wagen gearbeitet werden. „Wir haben da eine kleine Intensivstation, die viel Pflege braucht“, erklärt Benedikt Woeste. Wartung, Desinfektionsmaßnahmen, Sonderreinigungen, Check der Gerätschaften bis hin zur Wagenwäsche von außen: Es gibt viel zu tun. Auch nach einem Einsatz. Außerdem gilt es, die Wache in Schuss zu halten. Auch die will gepflegt werden.

Schwere Seiten

Der Dienst hat seine schönen und seine schweren Seiten. Drei Geburten hat Benedikt Woeste schon erlebt. Und wenn es eine Rückmeldung gibt, dass es jemandem nach einer Hilfeleistung wieder gut geht, freut das alle Beteiligten auch immer. Vor allem, wenn man dann weiß, in einem schwierigen Fall erfolgreich im Team gearbeitet zu haben. Aber auch den Helfern bleibt so einiges in den Kleidern stecken. Etwa, wenn Kinder verunglücken, oder Verwandte oder Freunde betroffen sind. Aber dann, da können sie sicher sein, haben die Kollegen ein Auge dafür, und sie fangen sich gegenseitig auf.

Wenn es nach der 24-Stunden-Schicht für die Rettungswachenbesatzung in den Feierabend geht, ist das Thema für die meisten aber nicht vom Tisch. Dann warten bei vielen noch ehrenamtliche Aufgaben in ihren Heimatorten bei der Feuerwehr, beim DRK oder den Maltesern. Sie sind eben Rettungsdienstler mit Leib und Seele.

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Beitrag von: Annette Metz
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