KREIS WARENDORF Mit dem Ende der Karnevalssaison beginnt die Fastenzeit. Viele nutzen diese für einen bewussteren Umgang mit Genussmitteln. Aber neben dem Verzicht auf Süßigkeiten, Zigaretten oder Fleisch gibt es auch andere Möglichkeiten. Die evangelische Kirche macht es vor.
Schon seit Jahren nutzt die evangelische Kirche die Fastenzeit, um sich und ihre Gläubigen aus dem Trott zu holen. Die Teilnehmer an der Aktion „Sieben Wochen ohne“ hinterfragen die Routine des Alltags und nehmen eine neue Perspektive ein. Es handelt sich dabei quasi um „Fasten im Kopf“.</p><p>In den vergangenen Jahren rief die evangelische Kirche mal zum Selber Denken (Sieben Wochen ohne falsche Gewissheiten) oder zu mehr Risiko (Sieben Wochen ohne Vorsicht) auf.
Auch Annegret Kornfeld hat sich bereits von ähnlichen Angeboten inspirieren lassen und hält das für einen spannenden Ansatz. „Für mich ging es darum, nichts wegzunehmen, sondern zu überlegen, was ich dazu tun kann“, sagt die Ahlenerin. So hat sie sich schon einmal auferlegt, in der Fastenzeit jeden Tag eine Runde Fahrrad zu fahren, oder sie nutzte das Buch „Der innere Jakobsweg“ für eine spirituelle innere Reise. „Das passte für mich besser“, sagt Annegret Kornfeld.
Entschleunigung
„Sieben Wochen ohne Sofort“ heißt die diesjährige Fastenaktion. Und diese sagt der Ungeduld den Kampf an. Entschleunigung ist das Stichwort. „Auch sehr spannend“, findet Kornfeld. Im Gegensatz zu anderen Gemeinden gibt es im Kreis Warendorf keine offizielle Fastengruppe. Dennoch meint Dr. Tilmann Walther-Sollich, im Kirchenkreis Hamm für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig, dass die Aktion durchaus Thema im Kirchenkreis sei. „Man sieht den dazugehörigen Tageskalender sehr häufig“, erläutert der Pfarrer seine Beobachtung.
Dabei sei dieser ja nicht als Ersatz gedacht, sondern als spiritueller Begleiter für jeden Tag. „Beim Fasten steht nicht die Selbstkasteiung im Vordergrund“, sagt er. Es sei eine spirituelle Übung, die den Glauben stärkt und hilft, das Leben bewusster auszurichten. „Man kann sich in der Fastenzeit klar machen, dass man viele Gewohnheiten hat, die einem selbst und der Welt gar nicht gut tun.“ In diesem Zusammenhang sei auch eine andere Fastenaktion der evangelischen Kirche zu sehen, nämlich die des Klimafastens.
Sündhaftigkeit
Doch nicht bei allen kommt die Aktion „Sieben Wochen ohne“ so gut an. Michael Prien, Pfarrer in der Kirchengemeinde Sassenberg, hat durchaus Zweifel, ob die Aktion den Kern der Fastenzeit trifft. „Entschleunigung ist sicherlich ein wertvolles Thema. Es ist aber nicht das, worum es in der Fastenzeit geht.“ Schließlich solle man sich in der Zeit vor Ostern mit seiner eigenen Sündhaftigkeit konfrontieren und darüber nachdenken, warum Jesus ans Kreuz gegangen ist. So habe er inzwischen auch davon Abstand genommen, die Initiative in den Passionsandachten einfließen zu lassen.